
Kluge Köpfe haben viel über das Thema Ehe/Paarbeziehung nachgedacht und geschrieben. Hier meine Lieblingszitate aus der familiensoziologischen und familientherapeutischen Literatur.
„Durch das Abenteuer Ehe wird ein hohes Maß an Energie, das sich sonst gefährlich entladen könnte, zuverlässig gebunden.“ (Peter L. Berger / Hannsfried Kellner, Die Ehe und die Konstruktion der Wirklichkeit, in: Soziale Welt 16, 1965, S. 220-235, hier: S. 231)
„[So] bin ich nach 26½ Ehejahren zu dem Schluss gekommen, daß nicht Glück das Ziel der Ehe ist.“ (S.M. Jourand, Ehe fürs Leben – Ehe zum Leben, in: Familiendynamik Heft 2/1982, S. 171-182, hier S. 179.)
„Beziehungen sind an sich schon dadurch gefährdet, dass sie häufig dem Test der Liebe unterzogen werden.“ (Arnold Retzer, Systemische Paartherapie, Stuttgart: Klett-Cotta 2004, S. 257)
„Es ist offenkundig, daß das gesellschaftliche Personal die ‘zweisame’ eheliche Dauerfixierung immer weniger verkraftet und die ehelich-familiale Nähe und Exklusivität eine psychische Überforderung der hier Involvierten darstellt.“ (Hartmann Tyrell, Familie und gesellschaftliche Differenzierung, in: Helge Pross (Hg.), Familie – wohin? Reinbek: Rowohlt 1979, S. 13–78, hier: S. 61, Zitat leicht gekürzt)
„Es ist leichter, jemanden zu finden, dessen neurotische Bedürfnisse sich harmonisch mit den eigenen ergänzen, als sich von neurotischen Wahrnehmungs- und Verhaltensweisen freizumachen.“ (Clifford Sager, Marriage Contract and Couple Therapy, New York: Brunner & Mazel, 1976, S. 172, Übersetzung BK)
Summa summarum: Wir können der Ehe/Paarbeziehung kaum entgehen, aber ob sie ein Problem oder eine Lösung ist, ist noch nicht endgültig erwiesen. Sicher ist, dass die Erwartungen an Paarbeziehungen so hoch sind, dass jede real existierende Paarbeziehung notwendig dahinter zurückbleiben muss, ähnlich wie beim real existierenden Sozialismus. Sicher ist auch, dass in Paarbeziehungen Chancen auf zwischenmenschliche Betätigung und Befriedigung liegen, die anderswo kaum in derselben Intensität zu finden sind – nur dass das Heben dieser Schätze und Nutzen dieser Chancen so schwierig ist, dass es uns fast unweigerlich in vertrackteste Probleme verstrickt. Man kann deshalb sagen: In der Paarbeziehung geht es darum, dass man es auch nach zehn Jahren noch erträgt, einen anderen Menschen jeden Tag am eigenen Frühstückstisch sitzen zu sehen. Oder, in den Worten einer meiner Studentinnen: „Liebe ist nichts mehr als das, was sich nach den ersten Ehejahren entwickelt, wenn man dem Partner nicht den Kopf einschlagen möchte.“